Gemeinschaft vs. Gemeinsamkeit

Gemeinschaft versus Gemeinsamkeit

Zwei Formen beschäftigen lange schon: Gemeinschaft und Gemeinsamkeit.
Am Anfang stand die Frage nach der Struktur unserer zu entwickelnden Hofgemeinschaft oder Hofgemeinsamkeit zusammen mit einer Erinnerung:

1984 war ich Student der Alanus-Hochschule in Alfter bei Bonn. Als Baumfreund suchte ich das kartierte Naturdenkmal der „Kessenicher Buchen“ auf. Letzte Stammreste standen mannshoch, ein paar gefallene Stammstücke lagen radial. Und der jüngere Wald drum herum formte – ausweichend der vergangenen Krone – diese nach. So waren die „Kessenicher Buchen“ in ihrer Gestalt noch erlebbar, der Umkreis der je nach außen orientierten Umbäume schuf sie als Hohlform.

Dann fand ich den Vortrag von Dieter Brüll und erkannte vieles wieder. Drum hier Zitate aus dem Vortrag und einige relevante Texte zum Hof Medewege dazu – als Beispiel.

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Und weil inzwischen in einen größeren Zusammenhang gestellt veröffentlicht, hier das PDF zum Beitrag für das Buch „Öko-Spiritualität | Ganzheitliche Lebensweisen auf den Märkten des Besonderen“:

Aus: Dieter Brüll – Gemeinschaft und Gemeinsamkeit

Gemeinschaft

d - Gemeinschaft

„Menschen scharen sich um ein gemeinschaftliches Werk; es steht sozusagen in ihrer Mitte; alle arbeiten daran. Diese Gruppenbildung will ich, in Übereinstimmung mit dem Terminus Arbeitsgemeinschaft, Gemeinschaft nennen. – Sie ist der am meisten vorkommende Typ. Wir finden ihn gleicher Weise in Form einer Fabrikbelegschaft, eines Lehrerkollegiums, einer Landesregierung und sogar eines Bridgevereins. Nur da, wo, wie in manchen Clubs, Unverbindlichkeit herrscht, oder wo der Gegenstand der Bindung außerhalb der Gruppe liegt, wie z. B. in einer Kirchengemeinde (was schon nicht mehr zutrifft, wenn die Gemeindemitglieder sich zu einem gemeinsamen Studium zusammenfinden), oder bei einer passiven Gruppenbildung (z. B. zum Anhören eines Vortrages oder zum Anschauen eines Fußballspieles) können wir nicht mehr von Gemeinschaft sprechen. Gemeinschaft fordert ein Objekt, an dem alle arbeiten, das also noch nicht fertig ist, doch seiner Fertigstellung entgegengeführt werden soll; wie eben der Turm von Babel.“

Gemeinsamkeit

d - Gemeinsamkeit

„Betrachten wir nun, was ich mit dem Wort Gemeinsamkeit andeuten will. Ich möchte zunächst erklären, was ich darunter verstehe. Es geht dabei um das Gegenteil von Zusammenarbeit. Menschen finden sich, die einen Impuls gemeinsam haben. Ein Impuls ist eine konkrete geistige Kraft, die als ein reales Ideal Besitz von ihnen ergriffen hat und dem sie ihr Leben weihen wollen. Diesen Impuls haben sie auch in dem andern erkannt, und sie treten zusammen zu dem Gelöbnis, dieser Kraft, die sie als ein Höheres, als etwas im Verhältnis zum Menschen Vollkommenes erleben, die Treue zu halten und einander in diesem Streben zu unterstützen. So bilden sie eine Schale, die das lebendige Wirken dieser Kraft auffängt. Es ist die Form, die dem Geist erst Macht verleiht.

Im Gegensatz zur Gemeinschaft stehen die Gefährten mit dem Rücken zueinander: Jeder steht in seinem eigenen Arbeitskreis. Man braucht einander nur selten zu begegnen. Aber bei jedem Schritt im Leben spürt man die geistige Anwesenheit aller anderen: mahnend oder helfend, um die Situation im Sinne des Impulses zu meistern.
Die Soziologie ist an dieser Gruppenstruktur fast ganz vorbeigegangen. Sie spielt sich auch meist im Verborgenen ab. Und wenn sie an das Tageslicht tritt, ist sie nur allzu leicht korrumpiert und zu Äußerlichkeiten, zu Zeremoniellem erstarrt. So kann uns von dieser Seite keine Hilfe zum Verständnis kommen. Wir werden ihr selbständig auf die Spur kommen müssen, und dabei kann an erster Stelle die Erkenntnis helfen, was Gemeinsamkeit nicht ist. Jenes Heimatgefühl, welches die Teilnehmer an einer medizinischen Konferenz zum Beispiel ergreifen kann, ist es nicht; das ist eine Seelenstimmung, die aus der praktischen Arbeit am selben Thema erwächst; man fühlt sich unter » seinesgleichen «. Meist ist es auch nicht das was Menschen beseelt, wenn sie eine Initiative ergreifen; das gemeinschaftliche Ziel stellt da im Allgemeinen den Angelpunkt dar, obwohl es vorkommt, dass die Gründer einer Institution aus einem gemeinsamen Impuls heraus gründen; oft zerschellt dieser aber dann an der gemeinschaftlichen Arbeit.

Damit kommen wir zu dem Charakteristikum der Gemeinsamkeit. Wie ihr Schema schon andeutete und wie oben weiterhin beschrieben, ist bei ihr die Begegnung mit anderen Gemeinsamkeitsgefährten nebensächlich. Man steht gleichsam mit dem Rücken zueinander. Die Geistschale wird im Rücken gebildet, und der Kreis bildet zugleich eine Rückendeckung für jeden an seinem Platz in der Gesellschaft. Und da man einander nicht ins Antlitz schaut, fällt auch das ganze Problem der Gemeinschaft, der Kampf mit dem Doppelgänger, weg. Wer hätte nicht schon die Erfahrung gemacht, dass ein Freund an Qualitäten gewinnt, wenn er in der Ferne weilt (» ich finde ihn einen Prachtkerl, solange er nicht auf Besuch ist «)? Da gibt es keinerlei Veranlassung, sich über ihn zu ärgern. Man darf mit ihm leben, wie er sein will, nicht wie er ist. Es darf wirklich ein harmonisches Zusammenwirken sein, das einem den andern immer näher bringt. So finden wir aufs Neue einen Gegensatz zur Gemeinschaft. Diese entfremdet uns in der leiblichen Zusammenarbeit von den andern Mitgliedern und führt in die Vereinsamung. Die Gemeinsamkeit lässt jeden an seinem Platze allein wirken und führt gerade dadurch zu immer intimeren Verbindungen.
Haben wir somit die ideale Gruppenstruktur gefunden? So darf die Frage nicht gestellt werden. Wer sollte uns denn ernähren, wenn es nur Gemeinsamkeiten gäbe? Aber das ist es nicht allein. Jede wirkliche Errungenschaft muss mit einem Opfer erkauft werden. Fragen wir uns, welches Opfer die Harmonie der Gemeinsamkeit fordert, so müssen wir bedenken, dass sie überhaupt nur wirkt, wenn der Kreis geschlossen bleibt. Um dies zu gewährleisten tut Not, dass der Einzelne auch den kleinsten Schritt nur dann macht, wenn ihn alle anderen Gefährten mit vollziehen können. Kann auch nur einer es nicht, dann muss der ganze Kreis warten; vielleicht Jahre. Dabei geht es natürlich nicht um das Einholen von Erlaubnis. Jeder soll alle anderen ihrem Wesen nach so in seinem Bewusstsein haben, dass er weiß, wie jeder Gefährte der zu fällenden Entscheidung – äußerlich, aber vor allem innerlich – gegenübersteht. Darum müssen Gemeinsamkeiten klein sein. Und weil, wenn der eine endlich so weit ist, der andere gerade in einer Periode des Stillstandes lebt, ist die Immobilität einer Gemeinsamkeit meist erheblich.“

(Ja, Entscheidendes lässt so kurz sich nicht sagen! – Kauft euch das Büchlein!)

d - Gemeinsamkeit und Gemeinschaften

„Suchen wir nach dem Urbild der Gemeinschaft, so finden wir es unschwer in Christus mit seinem Jüngerkreis. In all seiner Erhabenheit hat der Sohnesgott für das Vollbringen seiner Erdenaufgabe doch die Hilfe eines Menschenkreises nötig. Dieser Kreis ist Mitschaffer an dem großen Werk. Und Christus bringt seine Anerkennung durch die Fußwaschung am Gründonnerstag zum Ausdruck. Die eigentliche Arbeit der Zwölf ist damit geleistet. Aber gleich wie der Handwerksmeister seinen prüfenden, wertenden Blick auf das fertige Produkt richtet, bevor er es aus seinen Händen gibt, so setzt auch nach dem Ostersonntag sofort die Belehrung der Jünger durch den Auferstandenen ein. Schaffen und Beurteilung des Geschaffenen gehen nie zusammen. Der Künstler tritt ruhend zurück, wenn er sein Werk beurteilen will; auch die Genesis erzählt uns, dass Gott jeweils nach einem Tagewerk und am siebten Tag der Schöpfung ruhte und das Geschaffene betrachtete: » Und siehe da, es war gut. « So erfahren auch die Jünger erst jetzt, an was sie mitgewirkt haben, was ihre Gemeinschaft bewirken durfte. » Das Erwecken aus dem Gethsemaneschlaf « nannte es Steiner.
Dieses unbeschreiblich freudige Gemeinschaftserlebnis endet abrupt mit der Himmelfahrt. – Man weiß von Künstlern, welch unerhörten Schmerz es für sie bedeuten kann, wenn sie das Produkt ihrer Hände nicht mehr um sich haben können; wenn es zum Beispiel verkauft wird oder verbrennt. Einen ähnlichen Schmerz erlebten Lehrerkollegien und Klassengemeinschaften, als unter den Nazis ihre Schulen geschlossen wurden. Das Leben scheint dann aus einer gähnenden Leere zu bestehen; die Gemeinschaft ist sinnlos geworden. In dieser Stimmung dürfen wir uns die Jünger zu Himmelfahrt und in den Tagen danach vorstellen: Die Angesichter einander zugewandt, starren sie doch in das Nichts.
Bis sie sich umwandten und mit einem Ruck den Pfingstkreis bildeten, den letzten Auftrag erfüllend, der ihnen vor der Himmelfahrt erteilt worden war. » An die Völker aller Welt « richteten sie sich, so dass ein jedes Volk sie in seiner eigenen Sprache verstehen konnte, und verkündeten ihnen, was sich in Palästina zugetragen hatte. Die Folgen der babylonischen Sprachverwirrung waren zum ersten Mal gewendet. Der gemeinschaftliche Atem, der durch den Durchbruch des Ich in die verschiedensten Sprachen auseinandergefallen war, hatte sich auf der höheren Stufe des Geistselbst wiederhergestellt. (10)
Das Geschehen zur Zeitenwende ist urbildlich. Es trägt in sich noch einen weiteren Aspekt, den wir betrachten wollen: Eine Tat der Jünger – so vernehmen wir aus der Apostelgeschichte – geht dem Pfingstfest voran. Aus der kürzesten christlichen Festzeit, den zehn Tagen der Himmelfahrtszeit, wird ein einziges Ereignis erwähnt: Der Platz des Judas Iskariot wird wieder eingenommen. Nachdem dieser Selbstmord verübt hat, ist es von der sozialen Gesetzmäßigkeit her erlaubt, die Zwölf wieder vollständig zu machen, indem einer gewählt wird, der den (positiven) Impuls des Judas vertritt. Nur in die vollständige Schale der Jünger wird sich der Heilige Geist ergießen.
Damit haben wir die beiden Urbilder, den nach innen und den nach außen gerichteten Kreis, als zeitlich hintereinander liegende Wahrzeichen kennengelernt. Was damals in der Zeit aufeinanderfolgen musste, liegt heute nebeneinander. Die Pfingstgemeinschaft konnte erst nach der Himmelfahrt entstehen – wir werden darauf in den abschließenden Worten zurückkommen -, weil sie diese voraussetzt. Die soziale Wirklichkeit zeigt uns einerseits Gemeinschaften, die, wie wir gesehen haben, im Absterben sind, aber doch noch fortbestehen müssen, solange wir uns als biologische Wesen zu ernähren haben; andererseits Gemeinsamkeiten, deren erste zu Urpfingsten entstand und die auch heute noch durchaus in ihren Anfängen stehen. Wie verhalten sie sich zueinander?“

Hof Medewege als Gemeinsamkeit?

Gemeinschaft und Gemeinsamkeit:

Alle kamen als zweite eigentlich, gruppierten sich um die Waldorfschulmitte herum, gesellten sich außen zu den schon Anwesenden, als Nichtpädagogen selbstverständlich orientiert nach außen.
Voll Vertrauen in die unabhängige Mitte. Die war Rückendeckung und Garant guter Fahrtrichtung für das Gesamte, Befreiung zum eigenen Außentun.
Diese Mitte fiel weg, die Schule musste woanders eine Bleibe sich suchen. Ein Leid für sie und Opfer für die Freiheit in unserer Mitte! Dass geschah über Jahre verteilt, drum relativ schmerzfrei.
Mühsam haben wir uns dazu durchgerungen, die Mitte selbst zu verantworten, zu füllen. Als Schwäche fiel das nur deshalb kaum auf, weil so lange auch die offene Eigentumsfrage uns einen Dornröschenschlaf gewährte.
Die Freiheit von jeglichem Gruppenzwang erscheint heute vielen Betrachtern als Stärke: Der Ring mit viel freier Luft in der Mitte ist selten.
Es ist auch nach innen Stärke, insofern wir wenig Aufwand mit unsrer Mitte treiben, nicht ständig in unendlichen Plenumsabenden uns erschöpfen müssen. Normalerweise vereinbaren alle „Umkreisler“ alles direkt miteinander, klare Eigentums-gleiche Verantwortlichkeiten für jede Fläche, jedes Gerät und jedes Gebäude garantieren das, schaffen hohe Effizienz.
Es wird selten wieder neu als Schwäche erlebbar: bei der gewachsenen Fülle unseres Hofes haben wir zunehmend gemeinsame Prozesse zu bewältigen, fremd ist uns immer noch oft der Blick nach innen.

Geschichte:

Oft wird gefragt nach unserer Gemeinschaft (Hof Medewege), nach Idee und Inhalt, Form und Struktur. Die sind gewachsen in 20 Jahren, lassen teils nur geschichtlich sich greifen. Beschreiben kann man sie so:

Am Anfang war hier die Waldorfinitiative mit ihrer Idee einer Pädagogik in nahestem Zusammenhang zu Landwirtschaft und Werkstätten, mit dem Ziel einer „Intergration beruflicher Ausbildung“.
Alle anderen kamen als „Zweite“ dazu, als Gürtel drumherum. „Waldörflichkeit“ und Naturnähe, Demeter und „Bio„, Praxisbezug und Kunsthandwerklichkeit waren und sind selbstverständlicher Hintergrund, starke Gemeinsamkeit.
– Nicht Vordergrund und Thema. Sind sozusagen gegessen, verdaut, angeeignet – in unterschiedlichem Maß.

So sind wir zu allererst eine Runde von Betrieblern. Ein Ring von selbständigen Betrieben je nach außen orientiert, Schulter an Schulter, in Gemeinsamkeit. Als informelle Runde betreiben wir gemeinsam Öffentlichkeitsarbeit. Gemeinschaft entsteht aus gut abgestimmter Nachbarschaft, eher selten, sehr selten ganz rund herum den ganzen Kreis erfassend.

Dann treffen wir uns als Bewohner. Familiennähe und Gartenleben schaffen wechselnde Gemeinschaftlichkeiten. Einig, dass sehr es zu wohnen hier lohnt, regeln wir gemeinsam alle Belange der „Haus- und Hofgemeinschaft“, „Häus- und Höflichkeiten“: – Wer aufgenommen wird z.B., aber auch Putzpläne und gemeinsame Arbeitseinsätze.

Einst fast „wir alle“, haben einige aus der Wohnerschaft sich zusammengetan.
Als GbR zunächst, dann in Form der Hof-Medewege OHG sind wir rechtsfähig geworden: Um unsere Basis zu schützen und zu besitzen. Gemeinsam stemmen wir Schulden, die einzeln sich keiner zugetraut. Als Eigentümer sichern wir Langfristigkeit. Sind starker Verhandlungpartner nach Außen. Schützen so Ring und gemeinsame Mitte vor Folgen individueller Nöte, vor Veräußerung und Vererbung an Fremde.

Mit Freunden von außerhalb taten wir uns zusammen zum Kulturverein e.V. – ermöglichen so Gespräch zu Ideen und sozialen Impulsen, Förderung allen gemeinnützigen Belangen, Trägerschaft für Feste und Veranstaltungen.

Je einmal im Monat treffen wir uns zum Medeabend – als Betriebler, im Kulturverein, als Wohner und OHG. Sonst nach Bedarf. So selten wie nötig.
Die Mitte ist immer frei. Hineintreten mag, wer für die oder von der Gemeinschaft was will, mit Vorschlägen, Anregungen oder Einladungen. Dann findet sich eine Antwort oder auch nicht. Und gleich tritt wer wieder hinaus und frei ist die Mitte wieder. (Manchem ist´s manchmal zu dünn mit Gemeinschaft, drum.)
Viel haben wir gewonnen durch „Gemeinschaft und Gemeinsamkeit“, eine Schrift von Dieter Brüll. Daraus stammen die Zeichnungen hier.

Da sind Werkzeuge gefragt für gesundes, zügiges Entscheiden. So haben wir manchmal ein Mittelwertverfahren genutzt, auf dieser Suche mit Sucha das Forum des ZEGG als Form kennengelernt, wir haben Fragen mit systemischem Konsensieren bearbeitet.

Peter Zimmer, 2012/10

Idee und Inhalt…

…auch danach werden wir öfter gefragt, zum Beispiel so:
Seid ihr eigentlich eine anthroposophische Gemeinschaft?

Wir haben uns nicht nach einer Idee gegründet und jetzt noch keine Mede-Statuten.
Auch hier gilt, dass die Geschichte viel erklärt:
Am Anfang war hier die Waldorfinitiative mit ihrer Idee einer Pädagogik in nahestem Zusammenhang zu Landwirtschaft und Werkstätten, mit „Intergration beruflicher Ausbildung“. Alle weiteren kamen als „Zweite“ dazu, als Gürtel. „Waldörflichkeit“ und Naturnähe, Demeter und „Bio„, Praxisbezug und Kunsthandwerklichkeit waren und sind selbstverständlicher Hintergrund, starke Gemeinsamkeit. – Nicht Vordergrund noch Thema. Sind sozusagen gegessen, verdaut, angeeignet – in unterschiedlichem Maß.
Alle suchten wohl Verbundenheit in einem größeren Ganzen, sonst wären sie nicht hergekommen. Also etwas Alternatives. Alle brachten Bereitschaft mit, neben einer Hauptsache ihr eigenes Ding ins Rund zu stellen. Und da diese vorerst nur eine Idee war, keinerlei Anlehnmöglichkeiten bot, mußte eines jeden Eigenes selbständig bestehen in der Außenwelt.

Von Anfang an gab es viel Offenheit für die Welt „da draußen“, Autarkismus war nie unser Ding. Ein Projekt „Schule“ kann ja nicht gut Insel sein und wer sich danebenstellt, kommt selbstverständlich mit viel Bereitschaft, sich anzupassen, einzulassen. Neben einer Hauptsache in ihrem Sinne selbständig zu sein.

Kamen Neue mit Aufnahmewunsch, prüften wir sie zunächst ja fast stellvertretend für den gemeinsamen Hintergund. Gediegene Handwerklichkeit, starke Initiativkraft und Eigenständigkeit, fundierte Praxistauglichkeit – solche Eigenschaften erwarteten wir von Hinzukömmlingen. (Klar, unsere eigenen eben!) Und sehr die Bereitschaft, sich einzufügen ins Rund. Niemals fühlten wir uns als Gemeinschaft im Sinne einer Kommune mit Nestangebot für Ersatzfamilien-Suchende.
Einige unserer Mitstreiter kommen aus der reinen Bio-ecke, ohne Bezug zur Anthroposophie, andere kommen mit regional-religiöser, also evangelisch-alternativer Motivationslage dazu.
Manchmal fragten wir selbst nach Kriterien für „Neue“. Da gab es nie eine dingliche Antwort – wir selbst nur konnten die Antwort sein: Wer uns passte, passte ins Rund, konnte es stärken, kein „Etwas“ zählt, nichts anderes gilt.

Bald wurde das „bunte Rund“ selber unser Ziel, je unwahrscheinlicher die Waldorfschule als Mitte wurde. Im Flyer von ´99/2000 gab es sogar einen Platzhalter:
Fleischerei, Käserei, Gerberei, Brauerei, Töpferei, Gastronomie, Galerie… ? Hier könnte auch Ihre Initiative auftauchen! Wir haben und bieten viel freien Platz für jede Initiative, die Schön & Gut Medewege harmonisch vielfältiger macht.
Harmonische Vielfalt, wiederum nicht als autarkes Dorf, sondern schöner Sinn von Zusammenleben.

Das scheint auch Heute am meisten anzusprechen, viele fragen nach Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten hier. Und oft klingt genau dies als Motivation: sich darinnen fühlen zu können in einem schönen, harmonisch vielfältigen Rund. (Und zwar in großer Freiheit, ohne jeden Gruppenzwang.) Idyllien? Auch, bestimmt. Ein überschaubares Abbild der runden Welt. Mit ganzer Zugehörigkeit für jeden, ohne städtische Anonymität. (Mit allen Möglichkeiten der Stadt dicht dabei!)

Peter Zimmer, 10/2012

Ziele:

Als einer, der am längsten hier ist, fang ich mal an etwas zu schreiben:
Ziele gibt es viele. Jeder hat seine.

  • Die je eigenen verfolgen zu können, offenen Platz für Initiative und Unternehmen zu haben, ist für alle Betriebsleiter bestimmt ein erstes Ziel gewesen. Freilich innerhalb dessen, was schon bestimmt war, Geschichte ist.
  • Für Kinder und Familie einen besten Lebensort zu finden und zu entwickeln ist ein genauso wichtiges weiteres Ziel! Da war schließlich der Waldorfkindergarten schon da. Und die Schönheit der Natur dieses seeumschlossenen Platzes, seine sichere Abgeschlossenheit. Demeter-Landwirtschaft und -Gärtnerei als gewünschte Basis-Kultur. Eine Art „pädagogische Provinz“.
  • Das alles nicht allein zu tun, war uns allen selbstverständlich. Zwar in Freiheit und Sicherheit für den Einzelnen, doch auch in guter Verbundenheit mit ähnlich Gesinnten im Kreis. In Offenheit auch für die Außenwelt, stadtnah und marktorientiert.
  • Das bunte Rund, die harmonische Vielfalt selbst als Ziel entstand von alleine, jetzt ist es uns wichtig: Landwirte und Pädagogen, Künstler und Therapeuten, Handwerker und Vermarkter. Betriebler und Nur-Wohner. Manche wohnen hier und arbeiten außerhalb und umgekehrt. Kinder und Alte…
  • Uns als Gemeinschaft zu verstehen und zu entwickeln wird mehr und mehr wichtig gefunden. Schließlich sind wir eine solche, das hat sich so ergeben… Und wir sind sehr gewachsen, da wird Entwicklung nötig, da braucht es neue Mittel und Wege, Strukturen für das, was früher auf Zuruf so einfach ging.

Soweit kann man wohl unsere Ziele für uns selbst als gemeinsam beschreiben, nach innen geblickt.
Nach außen geschaut wachsen vielleicht auch welche:

  • Wollen wir ein „Musterdorf“ werden? Beispiel einer gesunden Stadtteilentwicklung? Vorbild für andere?
  • Wollen wir Ideale verwirklichen, welche? Blühende Landschaften schaffen?

 

Baustelle! Hier steht die Hoffnung auf vielfältige Beteiligung bei der Sammlung, von allen Seiten…

Peter Zimmer, 29.9.2013